Chanels Kreislaufprojekt: Greenwashing oder Hoffnung für nachhaltigen Luxus?
Der Rest der Modewelt redet vielleicht nur über Nachhaltigkeit. Chanel unternimmt tatsächlich etwas in dieser Richtung. Aber wie sehen die Pläne genau aus und wie unterscheiden sie sich vom klassischen Greenwashing?
Die Rue Cambon war schon immer mehr als nur eine Adresse. Sie ist ein Symbol für Luxus, Kreativität und französische Eleganz. Jetzt fügt Chanel ihr eine weitere Bedeutung hinzu: Verantwortung. Mit Blick auf den Planeten, sinkende Verkaufszahlen und angespannte Handelsbeziehungen mit den USA startet die Marke das Projekt Nevold. Das Akronym für „never old” steht nicht nur für das Recycling und die Wiederverwendung von Textilien, sondern auch für eine neue Säule in der Nachhaltigkeitsstrategie der Marke.
Von unverkäuflichen Lagerbeständen zu einem luxuriösen Comeback
Nevold zielt darauf ab, Textilreste, unverkaufte Artikel und ungenutzte Materialien, insbesondere seltene wie Seide, Kaschmir und Leder, zu recyceln.
Zu diesem Zweck hat Chanel strategische Investitionen getätigt, darunter die Übernahme von Unternehmen, die sich auf Abfallwirtschaft und Recycling spezialisiert haben. Obwohl einige Experten immer noch auf das Risiko des sogenannten Greenwashing hinweisen, scheint die Marke in diesem Fall mehr als nur PR zu wollen. Sie befasst sich mit ihrer eigenen Abhängigkeit von gefährdeten Rohstoffen und den Grenzen der vorhandenen Ressourcen. Laut Bruno Pavlovsky, Präsident der Modesparte von Chanel, handelt es sich hierbei nicht um eine einmalige Modeerscheinung, sondern um eine grundlegende Strategie für die Zukunft. „Wir wollen auch in zehn oder zwanzig Jahren noch da sein. Deshalb müssen wir anders denken. Anders über Materialien, anders über Ressourcen“, so Pavlovsky.
Eine neue Welle der Verantwortung in der Welt des Luxus
Chanel ist nicht der einzige Akteur im Luxussektor, der erkannt hat, dass Nicht-Nachhaltigkeit nicht mehr angesagt ist. LVMH erhöht sein Budget für Recycling-Innovationen in diesem Jahr auf 300.000 Euro, und die Kering-Gruppe investiert in Start-ups und Plattformen wie ReValorem und Vestiaire Collective. Darüber hinaus plant die Europäische Union eine deutliche Verschärfung der Gesetzgebung zu Textilabfällen, wodurch Marken gezwungen werden, Maßnahmen zu ergreifen, anstatt nur zu reden. Nevold hat jedoch Ambitionen, über die Mode hinauszugehen. Chanel plant, Segmente wie Sport und Gastgewerbe einzubeziehen. Überall dort, wo Abfälle anfallen, die ein zweites Leben verdienen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Initiative ein System verändern kann, das bisher auf Überproduktion und Exklusivität basiert. Wie Pavlovsky sagte: „Es ist kein großes Geschäft. Noch nicht. Aber ich glaube, das wird es bald sein.“

September 04, 2025