Welches Schicksal kann in einer einzigen Handtasche stecken? Verwittert, fleckig und verlassen in den sanften Hügeln der Toskana, scheint sie verloren – und doch weckt sie etwas Tiefes in uns. Miu Miu lädt uns mit seinem neuesten Kurzfilm „Autobiography of a Handbag” dazu ein, zuzuhören.
Unter der Regie der renommierten britischen Filmemacherin Joanna Hogg eröffnet dieses bewegende Werk die 29. Folge der „Women's Tales“-Reihe – Miu Mius gefeiertes Projekt, das unabhängigen kreativen Frauen eine Stimme gibt. In diesem ergreifenden Film haucht Hogg einem Objekt, das oft nur als funktional oder modisch angesehen wird, eine Seele ein und verwandelt es in einen stillen Zeugen von Sehnsucht, Klasse, Erinnerung und Verwandlung.
Eine Handtasche mit Seele
Vor der melancholischen Schönheit der Landschaft der Maremma beginnt die Geschichte mit einem einzigen Bild: einer schmutzverschmierten Miu Miu Wander Handtasche, die vergessen im Gras liegt. Von diesem Moment an lädt uns „Autobiography of a Handbag“ ein, dem unsichtbaren Faden ihrer Reise zu folgen – nicht durch glamouröse Schaufenster, sondern durch die Leben, die sie berührt.
Wir reisen von glatten, sterilen Fabriken zu sonnenverwöhnten italienischen Villen bis an den Rand zerfallender Vororte. Unterwegs wechselt die Handtasche still ihre Besitzer: eine privilegierte Teenagerin, eine erschöpfte Mutter, eine verurteilte Mörderin. Jeder Wechsel offenbart etwas Rohes und Echtes – über Klassenunterschiede, Sehnsucht, Gewalt und Zärtlichkeit.
Indem sie den Blick der Kamera von den Menschen weg und auf das Objekt selbst richtet, gibt Hogg der Erzählung einen neuen Rahmen. Was wäre, wenn die Geschichte nicht von der Frau handelt, die die Tasche trägt, sondern von der Tasche selbst? Und was wäre, wenn die Handtasche wie eine Motte oder ein Insekt die Welten, durch die sie sich bewegt, still und ohne zu urteilen beobachten könnte?
Das Requisit, das unsere Geheimnisse birgt
Der Film ist inspiriert von „The Prop“ von John David Rhodes und Elena Gorfinkel, einem Buch, das die emotionale und narrative Bedeutung von filmischen Objekten untersucht. Dieser Einfluss zeigt sich deutlich in Hoggs Entscheidung, mit vier iPhone-16-Objektiven zu filmen, die eine Weitwinkelperspektive aus Bodennähe bieten – als würde die Handtasche selbst die Geschichte erzählen und still beobachten, wie sich das Leben um sie herum entfaltet.
Die Bildsprache ist einfach, aber tiefgründig. Dies ist kein glamouröser Modefilm – es ist eine Meditation. Ein Gedicht in Bewegung.
Ein Spiegelbild der menschlichen Existenz
Wie in allen Episoden von „Women's Tales“ wird Mode zu einer Linse, durch die tiefere Themen beleuchtet werden. Hogg nutzt die Handtasche nicht nur als Stilsymbol, sondern als narratives Mittel – als Bewahrerin von Geheimnissen, Trägerin von Lasten, Behälter für Erinnerungen.
„Handtaschen sterben nicht“, sagt sie. „Sie sind in gewisser Weise unsterblich.“ Und in dieser Unsterblichkeit liegt die emotionale Resonanz des Films. Die Tasche wird zu einer Art Phantom – ein Stellvertreter für die Leben, die sie berührt hat, ein Gefäß für die Last, die Frauen still tragen.
Zwischen It-Bags und ewigen Objekten
In einer Welt, die ständig auf der Suche nach der nächsten It-Bag ist, bietet „Autobiography of a Handbag“ einen Kontrapunkt. Der Film erinnert uns daran, dass Mode nicht nur ein flüchtiges Verlangen ist, sondern mit Identität, Erinnerung und Bedeutung verbunden ist. Eine Handtasche, einst ein bloßes Accessoire, wird zur Heldin. Nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihrer Geschichte. Wegen dem, was sie gesehen hat.
Joanna Hoggs eindringlicher, zärtlicher Kurzfilm lässt uns auf neue Weise sehen, was wir tragen – nicht nur in unseren Händen, sondern in unserem Leben. Mit einer einzigen weißen Wander-Handtasche hat Miu Miu eine Geschichte über Unsterblichkeit, Geheimnis und stille Rebellion geschaffen. Und damit hat das Label uns daran erinnert, dass Mode weit mehr sein kann als nur Oberfläche – sie kann Seele sein.
August 07, 2025